1. Achtsamkeit und MBSR: Eine Reise durch die Geschichte
Achtsamkeit ist in den letzten Jahren zu einem regelrechten Trend geworden. Von Meditations-Apps über Achtsamkeitskurse bis hin zu Ratgebern – die Methoden zur Förderung der inneren Ruhe und Konzentration sind allgegenwärtig. Doch woher kommt diese Praxis eigentlich? Und was genau verbirgt sich hinter dem Begriff MBSR? Dieser Kurs nimmt Sie mit auf eine Reise durch die Geschichte der Achtsamkeit und beleuchtet die Entstehung und Entwicklung von MBSR, einer der bekanntesten Achtsamkeitsmethoden.
Die Wurzeln der Achtsamkeit im Buddhismus
Die Ursprünge der Achtsamkeit liegen in den buddhistischen Traditionen, die bereits vor über 2500 Jahren in Indien entstanden sind. Im Buddhismus wird Achtsamkeit als „Sati“ bezeichnet, was so viel wie „sich erinnern“ bedeutet. Der Begriff „Achtsamkeit“ selbst, als Übersetzung des Pali-Wortes „Sati“, wurde 1881 von Thomas William Rhys Davids, einem britischen Magistrat in Sri Lanka, geprägt. Dabei geht es nicht nur um das Erinnern an vergangene Ereignisse, sondern vor allem darum, sich im gegenwärtigen Moment bewusst zu sein und die Dinge so wahrzunehmen, wie sie sind, ohne zu bewerten. Achtsamkeit ist im Buddhismus ein zentraler Bestandteil des „Edlen Achtfachen Pfades“, der zur Erleuchtung führen soll. Dieser Pfad umfasst ethisches Verhalten, mentale Disziplin und die Kultivierung von Weisheit.
Achtsamkeit im buddhistischen Kontext:
- Kern der buddhistischen Lehre:
Achtsamkeit ist eine der vier Grundlagen (Satipatthana), die im Buddhismus als essentiell für den Weg zur Erleuchtung gelten. - Befreiung vom Leiden:
Achtsamkeit hilft, die Mechanismen des Leidens zu erkennen und zu durchbrechen. Durch die nicht-wertende Beobachtung von Gedanken, Gefühlen und Körperempfindungen gewinnt man Distanz zu ihnen und erkennt ihre Vergänglichkeit. - Kultivierung heilsamer Geisteszustände:
Achtsamkeit fördert die Entwicklung von Qualitäten wie Konzentration, Gleichmut, Mitgefühl und Weisheit. - Weg zur Erleuchtung:
Im Buddhismus ist Achtsamkeit kein Ziel an sich, sondern ein Mittel, um die wahre Natur der Realität zu erkennen und Befreiung vom Leiden zu erlangen.
Verschiedene Formen der Achtsamkeit im Buddhismus:
- Atemmeditation (Anapanasati):
Die Aufmerksamkeit wird auf den Atem gelenkt, um den Geist zu beruhigen und zu fokussieren. - Gehmeditation:
Jeder Schritt wird bewusst wahrgenommen, um die Verbindung zum Körper und zur Gegenwart zu stärken. - Körperwahrnehmung (Kayanupassana):
Die Aufmerksamkeit wird auf verschiedene Körperempfindungen gerichtet, um die Vergänglichkeit des Körpers zu erkennen. - Gedanken und Gefühle beobachten (Cittanupassana):
Gedanken und Gefühle werden nicht-wertend beobachtet, um ihre Natur zu verstehen.
Die Entwicklung der Achtsamkeit im Westen
Im Westen erlangte die Achtsamkeit erst im 20. Jahrhundert an Bedeutung. Ein wichtiger Wegbereiter war der buddhistische Mönch Thich Nhat Hanh, der in den 1960er Jahren begann, die buddhistischen Lehren in den Westen zu tragen. Er prägte den Begriff des „Engagierten Buddhismus“, der die Anwendung buddhistischer Prinzipien im Alltag und in der Gesellschaft betont. Gleichzeitig entstanden Zentren wie das Insight Meditation Center (IMC), die westlichen Praktizierenden die Möglichkeit boten, Achtsamkeitsmeditation zu erlernen.
Die Achtsamkeit fand ihren Weg in die westliche Welt durch verschiedene Ansätze, darunter die Entwicklung von Programmen wie Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR) und Mindfulness-Based Cognitive Therapy (MBCT). Ein weiterer wichtiger Impulsgeber war Jon Kabat-Zinn, ein amerikanischer Professor für Medizin.
Jon Kabat-Zinn und die Entstehung von MBSR
Jon Kabat-Zinn wurde 1944 in New York City geboren. Er studierte Molekularbiologie am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und promovierte dort 1971. Während seines Studiums kam er mit den Lehren des Zen-Buddhismus in Berührung und begann, selbst zu meditieren. Er war auch ein engagierter Aktivist gegen den Vietnamkrieg und die militärische Forschung am MIT. Diese Erfahrungen, zusammen mit dem Einfluss von Lehrern wie Philip Kapleau und Seung Sahn, prägten seinen weiteren Lebensweg und führten ihn schließlich zur Entwicklung von MBSR.
Kabat-Zinn erkannte, dass die buddhistischen Achtsamkeitspraktiken auch für Menschen im Westen hilfreich sein können, die nicht an eine bestimmte Religion gebunden sind. Er entwickelte MBSR als ein säkulares Programm, das die Essenz der buddhistischen Meditation in einen wissenschaftlichen Rahmen stellt.
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